Windhoek, Dienstag 5. März 2019

Wir haben in unserer kleinen Kemenate gut geschlafen und sind bei Sonnenschein und 26 Grad aufgewacht. Im Frühstücksraum sind ausschließlich schwarze Gäste, wohl dienstlich in der Stadt. Das Hauptquartier der namibischen Polizei ist gleich auf der anderen Strassenseite, mit Hubschrauberlandeplatz auf dem Dach. 

Wir sind zum Independance Memorial Museum gefahren. Mit 4 Jahren Verspätung 2014 von den Nord Koreanern fertiggestellt. Drei Stockwerke Erinnerung an den Freiheitskampf der Namibier. Mal eine drastische Gegendarstellung zu unserer Geschichtschreibung. Ganz oben in luftiger Höhe ein Restaurant mit tollem Rundumblick, Windhoek in einem weiten Tal unter uns. Wir treffen fünf andere Besucher, diese Geschichte hier ist nicht populär.

 

39 Grad im Schatten, heute ist ein besonders heisser Tag. Wir flüchten in den Schatten und besuchen dann das Namibia Arts & Craft Center.(Ruth: nachdem ich mich geweigert habe, weiterhin in der Mittagshitze durch die Stadt zu laufebn!!!) Und werden an verschiedenen Ständen fündig. Leckerer selbstgepresster Zitronen- und Ingwer-Saft. Statt des Zuckers hätten wir eine Kugel Zitroneneis reingetan, das wäre wohl die Krönung gewesen. Die Idee heben wir uns für's Filter- Café auf.

Ein völlig"ungestelltes Bild" vor dem Uzuri guesthouse

Abendessen im nahegelegenen Nyala Restaurant. Lecker, freundlich! Fisch von der Atlantikküste für Ruth, Rodizio für mich, mit viel einheimischen Wild. Der Himmel hat sich eingetrübt, immer mal wieder kommt ein kurzer Schauer runter. Dazwischen machen wir uns auf den kurzen Weg zu unserem Gästehaus und kommen trocken zurück. Die Menschen hier erzählen von zunehmenden Wolken als Vorankündigung einer nahenden Regenzeit. Na 40 Grad und stechende Sonne müssen ja auch nicht unbedingt sein, da war der heutige Tag mal richtig anstrengend.

Windhoek, Mittwoch 6. März 2019

Die Luft ist etwas kühler, ein paar Wolken am Himmel, strahlender Sonnenschein. Wir sind auf einen ruhigen Tag eingestellt. Frühstück im Kreise gut aufgelegten schwarzen Personals und ausschließlich schwarzer Geschäftsreisender, die mit sich selbst beschäftigt scheinen. 

Greenfire Desert Lodge, Sesriem, Donnerstag 7. März 2019

Wir lassen Windhoek gern hinter uns. Erst zu spät haben wir uns an die National Art Gallery erinnert, die wir eigentlich besuchen wollten. Schade! Die Suche nach einer Unterkunft auf unserem weiteren Wege wird zum Hindernislauf. Duwisib Castle ist unter staatlicher Verwaltung und akzeptiert nur Bargeld. Also lassen wir dieses Relikt deutscher Kolonialzeit links liegen. Eine andere Lodge wird gerade renoviert, Fehlanzeige. Dann unerwartet ein Hinweisschild: Weidetor öffnen, 7 Kilometer zum Farmhaus fahren, dort wird eine Lodge mit 6 Zimmern verwaltet. Klappt, wir sind die zweiten Gäste. Traumhafte Lage! Freundliche Servicekräfte. Südafrikanische Eigentümer. Die Tagesetappe hat sich gedehnt, Entspannung bei super Abendessen und traumhaften Farben, Formen in der Umgebung. Einsamkeit, Stille, kaum vorstellbar; die Farben ändern sich mit dem Sonnenstand ständig. Wir können uns gar nicht sattsehen. Oryxe kommen zum Wasserloch direkt vor der Veranda und laufen dann mit aufgewirbeltem Staub um die Hufe wieder in die Weite weg. Und als das letzte fahle Licht der Sonne verschwunden ist: wieder dieser so überaus reichhaltige afrikanische Himmel.

Langsam geht der Tag zur Neige. Die Lodge hat Solarstrom und eigene Wasserversorgung. Kein w-lan, keine Mobilfunkverbindung. Wer unbedingt will, kann unten, am 2 Kilometer entfernten Farmhaus die w-lan Verbindung nutzen. 19.30 Uhr versinkt die Sonne hinter einem Berg. Im fahlen verbleibenden Licht erscheint die Landschaft hell-/dunktellila, rot, orange unter einem tiefblauen Himmel. Garniert mit absoluter Stille. Die anderen Gäste sind abgereist, neue Gäste kommen erst morgen. Wir sind allein, das Personal ist nach Hause gegangen, wir geben uns dem Zauber der Stimmung hin. Uns überwältigt die Gesamtheit der Eindrücke, die Weite, die Farben, später dann die unendliche Anzahl von Sternen und die Formen der schwarzen kahlen Berge im fahlen Restlicht. Die Nacht fällt tiefschwarz aus.

Greenfire Desert Lodge, Freitag 8. März 2019

Beim Aufwachen bewundern wir den 180 Grad Blick aus dem Fenster und von der Veranda. Die Nacht hat die ersehnte Abkühlung gebracht, da war die dicke Zudecke willkommen. 6 Uhr morning drive mit einem Führer. Scharfe Kontraste von hell auf dunkel, von Sonne auf Schatten. Im Schatten wirken die Berge und die Felsbrocken kühl, abweisend. Das Spiel der Dazzies dazwischen läßt uns schmunzeln. Mit zunehmendem Sonnenlicht wechseln die Farben: rot, blau, schwarz hellgrau, manchmal trotz der Trockenheit ein Hauch von zartem Grün. Wenig später steht die sonne über uns, hell, heiß. Die Kontraste sind verschwunden, Berge, Geröll, Sand so weit das Auge reicht. Unten am alten Flußlauf eine Reihe von Kameldorn Bäumen mit ihrem Holz, das viel härter als Eichenholz ist, das sich kaum bearbeiten läßt, an schon mancher Bohrer heißgelaufen ist. 

 

Mal ein paar Oryxe am Wasserloch vor uns, dann wieder die spielenden Dazzies, ansonsten wenig Action um uns herum und trotzdem mehr Eindrücke, als die Sinne auf einmal verarbeiten können. Diese Tage werden noch einen langen Nachhall haben.

Fest Inn Fels, Ranch Koiimaris, Tiras Berge, Sonnabend 9. März 2019

Ein toller Platz. Vier Bungalows, drei Tage lang für uns allein. Von der öffentlichen D 707 Sandpiste über einen 20 Kilometer langen Farmweg zu erreichen. Der Herweg führte ausschließlich über Schotterstraßen, so mit 80 km/h zu befahren. Zwischenstopp in Betta, dort könnte man auch preiswert in Bungalows übernachten. Tankstelle, aber alles gegen Bargeld, kein Visa, kein Bankautomat. 

 

Wir fahren einen kleinen Umweg über Helmeringhausen. Im Krämerladen bekomme ich mit der Visa gegen 5 % Gebühr Bargeld. Tankstelle, Hotel und eine Ansammlung von Häusern. Helmeringhausen Hotel wirkt wie eine Oase in der Wüste. Ein Relikt aus der Zeit 1885 bis 1915, die Zeit der deutschen "Schutztruppe". Sehr gut gewürzte Bratwurst mit Kartoffelsalat, Nudelauflauf mit Kürbis und Mozarella überbacken, Apfelkuchen zum Nachtisch. Alles von einem gutgelaunten schwarzen Koch, der das Apfelkuchenrezept auf Nachfrage als sein Geheimnis bezeichnet.

 

Roland, Maurermeister aus dem Osten, hat Fest Inn Fels 2004 bis 2006 in Eigenregie aufgebaut. Beeindruckend der Mut, die Schaffenskraft, die Kreativität! Wir sind begeistert (ja, ja, wie schon so oft die letzten Tage). Die Schönheit der Anlage zieht uns in ihren Bann. Wunderbar eingepaßt in die felsige Berglandschaft, die sich in eine weite Hochebene öffnet. Wir sitzen da und genießen. Auch hier läuft alles mit Solarenergie und eigenem Wasserbrunnen (aus 140 Meter Tiefe). Also keine starken Energieverbraucher wie Föhn, Bügeleisen, Espressomaschine, Elektroherd.

 

Nach dem Abendessen gehen alle Lichter aus, Roland zieht sich in sein Haus nebenan zurück, das Personal geht den Weg in seine etwas weiter abgelegen Häuser, Stille, gigantischer Sternenhimmel. Die Summe und Intensität der Eindrücke ist überwältigend. Am liebsten würde ich die Zeit jetzt anhalten. Und staunen und Wirkung genießen.

Fest Inn Fels, Sonntag 10. März 2019

Die ganze Nacht über hat ein kühler Wind durch unseren Bungalow geweht, angenehm, gut geschlafen. Wolkenloser, kobaldblauer Himmel am Morgen. Wir erkunden zwei Stunden lang einen Teil des 20.000 ha großen Farmgeländes, von dem Roland den Boden für die Fest Inn Fels Lodge gepachtet hat. Der Urgroßvater des in Namibia geboren Farmers war mit der Schutztruppe nach "Deutsch Südwest Afrika" gekommen und hatte damals schon Land gekauft. In den letzten fünf Jahren mußte die Viehzucht (Strausse, Rinder, Pferde) eingeschränkt werden, das wenige Gras vertrocknete. Dafür hat der Farmer eine Geflügel und Vogelzucht aufgebaut.

Fest Inn Fels, Montag 11. März 2019

7 Uhr mache ich den zweistündigen Farm Rundweg. Die Sonne steigt über die Berge, die Luft erwärmt sich schnell von den anfänglichen 20 Grad. Mir kommen die Angestellten mit ihren dicken Pullovern und Strickmützen entgegen, mir reicht das T-Shirt. Themperaturempfinden ist subjektiv. Ich genieße die Ruhe, den leichten Wind und bin eher in Gedanken als bei der Beobachtung. Das anschließende Frühstück nehme ich als Belohnung für den morgendlichen Fußmarsch.

 

Wir fahren zum 15 Kilometer entfernten Köcherbaum Wald. Am Hand finden wir verstreut Köcherbäume, die Hälfte hat die Äste verloren, die liegen im Geröll. An der anderen Hälfte ist auch nicht viel dran. Ein Schädling bohrt feinste Löcher in die Blätter, die verlieren dadurch die Feuchtigkeit und der Baum geht ein. Ein Schädlingsbefall wohl an Köcherbäumen im ganzen südlichen Afrika.

 

Nachmittags baden wir im Pool. Kühl, erfrischend, groß genug für ein paar Schwimmzüge. Pferde kommen zum Grasen an die Lodge. Tag drei der Stille an diesem Ort. In der Ferne das Farmhaus mit den Häusern der Bediensteten und den Vogelvolieren. Entschleunigung. Vieles funktioniert anders als gewohnt.

Fest Inn Fels, Dienstag 12. März 2019

Packen. Gelungene Tage! Ab zur nächsten Etappe: drei Tage Lüderitz, "Alte Villa Gästehaus". Auf dem Weg sehen wir Baumaschinen, die Sanddünen, die sich teilweise auf den Eisenbahnschinen türmen, abtragen. Vor zwei Jahren war die Eisenbahn blockiert und nur die Strasse wurde freigehalten. Der kräftige Wind bläst eimmer wieder Sand über die Schienen und die Strasse. 

 

Auf dem Weg in die Stadt buchen wir bei Lüderitz Safaries & Tours einen eintägigen Ausflug in das Sperrgebiet an die alten Siedlungen und Siebmaschinen. Zwar hatten wir schon vor einem Monat Passkopien und alle anderen Details an Elena Tours geschickt, die haben aber alle Daten verbuddelt und unsere Anmeldung einfach ohne einen Rückruf gestrichen. Alte Villa Gästehaus strahlt frisch renoviert, wir melden uns an. Dann kommt die Managerin und teilt uns mit, dass ganz Lüderitz seit einem Tag keinerlei Wasserversorgung mehr hat, eine Pumpe ist ausgefallen. Die Ersatzpumpe kommt aus Windhoek, dazu fehlt aber auch noch ein Teil. Gerüchte sagen, dass ab 17.00 Uhr wieder Wasser läuft. Als vor kurzem der Strom ausfiel gab es ähnliche Hoffnungen, doch dann wurden es vier Tage ohne Strom. Will sagen, die Aussagen der öffentlichen Hand sind nicht zuverlässig. Wasserflaschen sind in Lüderitz ausverkauft. Restaurants ohne Wasser, Toilette ohne Wasser, nur noch für heute Wasserflaschen Vorrat im Gästehaus, das wollten wir nicht, wir streichen Lüderitz aus unserem Programm und fahren eine Stunde zurück nach Aus.

Bahnhofhotel Aus, Dienstag 12. März 2019

Das Bahnhofhotel in Aus war schon einmal vor zwei Jahren eine gute Lösung, als wir in den Tirasbergen keine freie Unterkunft fanden. W-lan funktioniert leider nicht, ist zu schwach. Dafür genießen wir ein geräumiges Zimmer und gutes Essen. Wir planen die restlichen Tage neu.

Vor allem: es gibt im Hotel eine echte Flädlesuppe! (Allerdings wurde das Rezept im Laufe der Jahrzehnte doch stark verändert! Siehe Foto!)

Dicke Stücke Pfannekuchen und dazu so etwas wie Gullaschsuppe, sehr dünn. Hat aber geschmeckt.

 Canyon Road House, Fish River Canyon, Mittwoch 13. März 2019

Wir fahren von Aus landeinwärts auf einer super ausgebauten Strasse bis zum Seeheim Hotel. Mal wieder eine Oase in der Mitte von Kargland, direkt an der Eisenbahnlinie die Lüderitz mit dem Landesinneren von Namibia verbindet. Verbinden würde, wären da nicht die Sanddünen auf den Schinen kurz vor Lüderitz. Seeheim Hotel wird gerade renoviert, die Arbeiten sollen bis Juli 2019 abgeschlossen sein. Im Hof erwarten uns ein Oryx und zwei Hunde. Keine Gäste zu sehen, aber wir bekommen zwei Kaffee und einen Apfelkuchen. Macht alles einen eher ungepflegten Eindruck, wir können uns das schöne neue Hotel noch nicht vorstellen.

 

Uns graust vor der Weiterfahrt nach Süden, denn die C 13 war bei unserer letzten Reise voller Schlaglöcher und erlaubte maximal 30 km/h. Jetzt zweigt die Strasse aber erst 12 km später ab und ist eine tolle Sandpiste die 100 km/h erlaubt. Freude! Plötzlich tauchen mittem im Karstland Palmen auf und Weinstöcke und Granatapfelbäume. An einer Stelle, an der die Schutztruppe schon den Löwen Fluß aufgestaut hatte, wurde jetzt ein größerer Damm gebaut, der ein großes landwirtschaftliches Projekt der Regierung bewässert. Von diesem Projekt beziehen Michael und Katrin r die Früchte und destillieren sie in ihrer Naute Kristall Destillery gleich neben dem Projekt. Wir begeistern uns für den Gin, der Trester ist nicht so aromatisch, der Dattel Brandy ist uns etwas zu süß ausgefallen. Hier haben die Menschen Glück, der kleine Stausee ist zu 90 % gefüllt, vor ein paar Wochen lief er sogar über. 

 

In der nächstgelegenen größeren Stadt Keetmanshoop wird eine Privatschule betrieben, auf die umliegende Farmer ihre Kinder schicken. Jetzt muß das Schuldgeld immer öfter gestundet werden, da den Farmern nach fünf Jahren Trockenheit hintereinander die Barmittel ausgehen. Der Schaf Farmer neben dem landwirtschaftlichen Projekt hat gerade seine letzten Schafe verkauft, der Boden der Farm bietet kein Futter mehr. Glücklicherweise kann er sich von einer kleinen Rente über Wasser halten.

 

Auch der Bergbau ist nicht mehr so lukrativ wie früher. De Beers hat die Diamantenmine in Oranjemund aufgegeben, damit wurde das Sperrgfebiet dort aufgehoben und man kann die Gegend ohne Sondergenehmigung besuchen. Damit fehlen der Regierung aber Einnahmen. Chinesische Investoren einer Zinnmine überlegen, die Mine zu schließen. Seit November gibt es dort Streiks und mit höheren Löhnen lohnt sich wohl der Abbau nicht mehr. 

 

Auch der Tourismus schwächelt. Nicht der Tourismus aus Europa, aber der sehr bedeutende Tourismus aus Südafrika. Denn dort ist die Wirtschaft letztes Jahr zurückgegangen. Nachdem Finanzminister willkürlich ausgetauscht wurden, erkennt keiner mehr, wohin das Land gesteuert werden soll. Im Mai sind Neuwahlen, alle sind gespannt, was passiert. Wir haben ja viele kaum belegte Unterkünfte erlebt, schön für uns, wirtschaftlich eine Tragödie.

 

Wir freuen uns, als das Canyon Road Hause vor uns auftaucht. Wir sitzen im Freien, später Abendessen draußen und ein halbwegs funktionierendes w-lan. Wunderschöne Abendstimmung.

Canyon Road House, Donnerstag 14. März 2019

Wir schlafen bei offenem Fenster. In der Nacht der erste Überfall: Mücken. Den konnte ich mit Peaceful Sleep Stick parieren. Am Morgen, beim Gang in's Bad der zweite Überfall: Katze um meine Beine, fast wäre ich über das Tier gestolpert. Tür auf, Katze raus, eine halbe Stunde Schafverlängerung. Da hat Ruth das Gefühl, wir seien nicht allein im Bett. Katze wieder da,. kuschelt sich in das Federbett, genießt Streicheleinheiten, revanchiert sich mit vorsichtigen Bissen und Ablecken der Hand.. Als wir dann fertig sind zum Frühstücken und losgehen wollen, veläßt sie nur unter massivem Protest das weiche Federbett. In der Nacht ist die Themperatur auf 19 Grad gesunken, tagsüber werden es wieder 37 Grad. Wolkenlos. 

 Und jetzt geht es mit Teil 4 weiter!